Reisebericht von der Nicoya-Halbinsel
in Costa Rica
Der Wecker klingelt.
Es ist eigentlich noch viel zu früh. Noch nicht mal hell. Aber es muss sein. Und die Vorfreude auf das Meer, auf den Pazifik macht das Aufstehen immerhin ein bisschen leichter.
Im Morgengrauen sitzen wir im Bus nach Puntarenas. Die Fahrt dauert nicht allzu lange, noch am Vormittag kommen wir in der Stadt an.
Es ist heiß, verglichen mit den höher gelegenen Orten im Landesinneren, vor allem aber im Vergleich zum Winter zuhause, den wir erst vor wenigen Tagen hinter uns gelassen haben.
Aber die Hitze soll uns erst später zum Verhängnis werden, jetzt freuen wir uns erstmal: Endlich Sommer!
Und schon geht es zum Fähranleger, denn die Reise endet nicht hier in der Stadt – nein, unser nächstes Etappenziel ist die Nicoya-Halbinsel. Der Ort Montezuma um genau zu sein, wo wir einige entspannte Tage am Meer verbringen wollen.
Auf der Fähre stellen wir fest, dass wir nicht die einzigen mit dieser Idee sind: andere Reisende, Touristen, Surfer und ein Haufen betrunkener Amerikaner sind während der Überfahrt mit an Bord.
Wir sitzen an Deck und genießen die Brise. Alles läuft wie am Schnürchen.
Nach einer weiteren Busfahrt über die Halbinsel sind wir am Ziel…
Falsch gedacht! Jetzt fängt der Spaß erst an…
Es ist heiß! Ja, noch heißer als in Puntarenas. Mit unseren Rucksäcken laufen wir durch den winzigen Ort. Sieht ganz nett aus.
Unterkunft suchen!
Und da kommen wir zum ersten Problem: Alles ausgebucht. Eine Absage nach der nächsten. Wir schwitzen.
Es ist eindeutig zu heiß um mit Gepäck in der Sonne von Haus zu Haus zu laufen. Pause! Jetzt geht erstmal nichts mehr. Rucksäcke absetzen, trinken, essen.
In einem Café am Ende der Straße sitzen wir im Schatten, versuchen die überhitzten Köpfe zu kühlen und überlegen was wir tun können.
Es hilft nichts. Wir müssen weiter. Zurück aufs Festland schaffen wir es heute nicht mehr. Außerdem wäre dann die lange Anreise umsonst gewesen, und so schnell will man ja auch nicht aufgeben.
Unser neues Ziel heißt Playa Carmen in Mal País, ein kleines Surfer-Paradies einige Kilometer entfernt. Um weitere Überraschungen zu vermeiden, reservieren wir sicherheitshalber ein Zimmer, dann laufen wir wieder zum Bus. Es ist drückend heiß, der Schweiß läuft.
Mit dem Bus geht es zurück nach Cabuya, von wo aus weitere Busse in alle Richtungen fahren. Wir steigen aus, und wieder rein in den nächsten Bus.
Über weitere staubige Schotterpisten kommen wir nach Playa Carmen. Hier spaltet sich die Straße und führt entlang der Küste nach Norden und Süden. An der Kreuzung steigen wir aus.
Es ist unerträglich heiß. Und trocken. Den Pflanzen links und rechts der Straße sieht man an, das es hier schon seit Wochen oder Monaten nicht mehr geregnet hat. Alles ist weiß vom Staub der Straße.
Der Ort sieht in diesem Moment nicht gerade einladend aus und ich fange an mich zu fragen, warum wir eigentlich in diese Gegend gekommen sind.
Die gebuchte Unterkunft liegt nicht weit von der Kreuzung an der Straße und ist bald gefunden. Wir klingeln am Tor. Nichts passiert. Niemand zu sehen, kein Hund bellt, nichts rührt sich. Nochmal klingeln. Nichts. Die Sonne knallt, mein Kopf dröhnt.
Der Moment ist gekommen, an dem ich nicht mehr will, und langsam auch nicht mehr kann. Nichts zu machen. Hier kommen wir heute nicht mehr weg, wir müssen also irgendwo schlafen.
Die Sonne ist schon fast untergegangen, als wir erschöpft und desillusioniert ein Zimmer im teuersten Hotel der Stadt beziehen, in dem noch ein Zimmer frei ist. Es liegt direkt an der Kreuzung, an der Straße, die zum Meer führt.
Mein Kopf glüht, ich kann nicht mehr. Ich falle ins Bett und schlafe sofort ein.
Entsprechend früh wache ich am nächsten Morgen auf. Die Kopfschmerzen sind weg. Die Frage, warum ich mir das eigentlich antue, bleibt.
Schlafen kann ich nicht mehr, also stehe ich auf, ziehe mich an und beschließe nach draußen zu gehen. Ich muss mir erstmal einen Überblick verschaffen, will wissen, wo ich hier überhaupt gelandet bin.
Ich laufe den staubigen Weg zum Meer entlang. Die Sonne geht gerade auf, es ist angenehm warm.
Der Schotter geht langsam in Sand über. Hinter einigen Palmen sehe ich den Strand und die Wellen.
Und dann haut es mich aus den Socken.
Vorbei an den Palmen laufe ich auf den breiten Strand. Die Sonne steht noch so tief, das sie ihre Strahlen nur durch die Blätter der Palmen hindurch auf den Strand schicken kann. Es ist noch etwas diesig.
Überall liegt Treibgut im Sand. Man hat den Eindruck an einem wilden Strand zu sein.
Vereinzelte Surfer sind schon im Wasser, immer mehr kommen zwischen den Palmen hervor auf den Strand, das Brett unterm Arm. In der Ferne macht jemand Joga.
Ich sehe mich in alle Richtungen um, blicke diese wunderschöne Küste auf und ab und weiß plötzlich wieder, warum es sich lohnt, die Unannehmlichkeiten des Reisens auf sich zu nehmen.
Zum Glück habe ich die Kamera mitgenommen…