Winter

Eindrücke aus Lappland

Winter im Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland

Reisebericht aus Inari

in Lappland

Es ist mal wieder Weihnachten. 9 Grad über Null, kein Schnee weit und breit. Man kennt das ja schon.

Momente wie diese bieten mir die Gelegenheit, an meine Reise nach Lappland vor genau vier Jahren zurückzudenken und ein bisschen vom Winter zu träumen. Folgende Eindrücke habe ich damals in meinem Notizbuch festgehalten:

»Endlich warm! Fast zwei Tage hat es gedauert, die Kälte aus der kleinen, ausgekühlten Blockhütte zu treiben. Heute ist Samstag und es ist besonders kalt draußen. Knapp dreißig Grad unter Null zeigt das Thermometer, das vor der Hütte an einem Baum hängt. Bei solchen Temperaturen friert in Sekundenschnelle alles ein, man muss aufpassen, dass  man nicht mit den bloßen Händen an metallene Gegenstände greift. Jeder Schritt vor die Tür bedeutet, Kleidungsschicht für Kleidungsschicht anzuziehen, auch wenn man nur kurz pinkeln geht, und dann anschließend wieder alles auszuziehen, wenn man zurück ist.

Heute morgen waren wir Wasser holen unten am Fluss. Das kleine Loch, das Till am Tag unserer Ankunft in das Eis geschlagen hat, war wieder komplett zugefroren. Innerhalb der kurzen Zeit, die wir brauchten, um einen Eimer voll frischem, eiskalten Wasser über den schneebedeckten Steg zur Hütte zu tragen und dann zurück auf den See zu laufen, hatte sich schon wieder eine dünne Eisschicht über das Wasser gelegt. Nach nur ein oder zwei Minuten!«

Elch, Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland
Elch, Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland

 

»Gestern Mittag haben wir mehrere Elche gesehen, die in der Ferne den gefrorenen Fluss überquert haben. Mit den Kameras sind wir ihren Spuren gefolgt.

Die meiste Zeit halten wir uns aber drinnen auf, vor allem weil es fast den ganzen Tag dunkel ist. Um die Mittagszeit ist es für zwei oder drei Stunden hell, die Sonne geht zwar nicht auf, aber das Licht reicht aus, um in dieser Zeit etwas zu unternehmen. Wenn wir die Hütte verlassen, dann zum Wasser oder Holz holen, zum Pinkeln und einmal am Tag zum Kacken auf das Plumpsklo im Schuppen. Das ist kein Spaß bei dieser Kälte!

In der Hütte lesen wir oder spielen, kochen und essen und halten das Feuer im Kamin am Brennen. Und wir haben eine Sauna!

Den gesamten Tag über muss der kleine Ofen befeuert werden, damit der Raum am Abend einigermaßen warm ist und wir bei einem Aufguss entspannen können. Und Entspannung brauchen wir! Immerhin sind wir fast zwanzig Kilometer durch die Eiseskälte hierher gelaufen. Am Mittwoch war das.«

Polarnacht im Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland
Polarnacht im Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland

 

»Bereits am Vortag hatten wir vergebens einen Versuch gestartet, zur Morgamojan-Hütte in 25 Kilometern Entfernung zu wandern. Mit nur einer vagen Beschreibung im Kopf, wie wir den Weg zum Lemmenjoki, dem Fluss finden würden, waren wir jedoch nach stundenlangem Suchen gescheitert und hatten uns wieder auf den Rückweg gemacht.

Der nächste Versuch mit neuem, näherem Ziel, der Härkäkoski-Hütte, erfolgte am nächsten Tag. Wir fanden auf den Fluss und folgten, wie uns geraten wurde, der Schneemobilspur über das Eis. Doch die führte uns schon bald herunter vom Fluss und einen Hang hinauf durch den Wald. Da weit und breit keine andere Spur zu sehen war, folgten wir dem Pfad. Kilometerweit. Es war anstrengend, durch den hohen Schnee zu stapfen, dazu noch mit den schweren Rucksäcken. Oft mussten wir pausieren. Als ich mir fast sicher war, dass der Weg wohl nicht mehr auf den Fluss zurückführen würde, kamen uns zwei Einheimische auf ihren Motorschlitten entgegen. Sie bestätigten meine Befürchtung. Wir hatten uns wieder verlaufen und mussten den gesamten Weg zurück bis zum Fluss. Alle Anstrengung war umsonst gewesen.

Glücklicherweise nahmen uns die Finnen das gesamte Stück mit. Kurze Zeit später wieder am Fluss angekommen, zeigten Sie uns eine schwache, kaum sichtbare Spur im Schnee. Diesem Weg sollten wir folgen. Gesagt – getan. Wir bedankten uns und gingen los. Und diesmal konnten wir sicher sein, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

Nach stundenlangem Wandern durch die Dunkelheit und die Kälte haben wir erschöpft zur Hütte gefunden. Unsere Mützen, die Lebensmittel in den Rucksäcken, ja sogar unsere Wimpern waren gefroren, so kalt war es!

Und in der Hütte war es fast genau so kalt wie draußen. Vor über drei Monaten hat hier das letzte Mal jemand in das Gästebuch geschrieben. Da war noch Sommer! Kein Wunder also, dass das Häuschen komplett ausgekühlt war und Tage gebraucht hat, bis die Wärme in alle Fugen gekrochen war und das Holz an Decke und Wänden aufgeheizt hatte.«

Blockhütte im Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland
Blockhütte im Lemmenjoki-Nationalpark, Lappland, Finnland

 

»Heute ist es windig und bewölkt. Wieder keine Hoffnung auf Polarlicht. Der Ofen in der Sauna glüht – nachher ist Schwitzen angesagt.«

»Wir sind zurück! Gestern haben er den Rückweg nach Njurkulahti angetreten. Es ist verhältnismäßig warm gewesen, trotzdem war das Laufen anstrengend. Weil in der Zwischenzeit eine große Menge Neuschnee gefallen war, musste man bei jedem Schritt damit rechnen, plötzlich tief einzusinken oder wegzurutschen.

Das ist sehr mühsam und geht auf die Gelenke. Neben der Spur taucht man bis zur Hüfte in den Schnee ein. Weil es so warm ist, beginnt das Eis auf dem Fluss an einigen Stellen an der Oberfläche zu tauen. An diesen Stellen knackt das Eis bedrohlich unter den Füßen, wenn man darüber läuft. Das Geräusch treibt einem den Schweiß auf die Stirn, obwohl man sicher sein kann, dass die zweite Eisschicht darunter stark genug ist, einen zu tragen. Schließlich laufen die Elche und Rentiere hier auch drauf.«

»Heute morgen wurden wir pünktlich und zuverlässig wie gewohnt von unserem Taxi abgeholt. Mit bis zu 130 Stundenkilometern sind wir über die verschneiten Straßen nach Inari geprescht. Hier warten wir jetzt im Hotelli Inari auf den Bus nach Ivalo. Heute Abend geht unser Flug nach Kopenhagen, morgen Mittag sind wir dann zu Hause.

Draußen sind es gerade einmal -3°C. Wenn es nach mir geht, kann der Sommer kommen.«

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